Seit Jahrhunderten galten die Kaffeehäuser als übel beleumundete Orte, die eine Frau allerhöchstens in männlicher Begleitung betreten durfte. Mitte des 19. Jahrhunderts versuchte man zwar auch, "Damensalons" einzurichten - die wurden dann aber vorzugsweise von den Herren als Nichtraucherzimmer zweckentfremdet.

Die einzigen  Frauen, die man im Kaffeehaus antreffen konnte, waren diejenigen, die dort arbeiteten - meistens auch "hinter den Kulissen", denn die Kellner waren ja allesamt männlich! Frauen konnten kochen und saubermachen - sie konnten aber auch eigene Kaffeehäuser führen, oder, immerhin, als "Sitzkassierin" die Rechnungen überprüfen und mit der Kundschaft flirten...

Und doch gab es immer schon auch eine weibliche Gegenwelt - und das waren die literarisch-politischen Teesalons, die fast ausschließlich von Frauen geführt wurden und wo, im privaten Rahmen, dieselben Künstler und Literaten ein- und ausgingen wie in den Kaffeehäusern.


       
     
   

In unserem neuen Programm "Melange fatale" wollen wir uns auf die  Spur von Frauen setzen, die (manchmal im Geheimen, aber zum Teil um so wirkungsvoller) die (Kaffeehaus-) Kultur in Wien und Österreich mitgeprägt haben.
Manche von ihnen, wie etwa Fanny von Arnstein oder Bertha Zuckerkandl, haben bis in die höchsten Kreise der Politik mitgewirkt - Arnstein u. a. durch ihre Kontakte zur Metternich-Regierung.
Bertha Zuckerkandls Salon lag direkt oberhalb vom Café Landtmann, hier gingen Schnitzler und Freud aus und ein, hier lernten sich Gustav und Alma Mahler kennen, und gelegentlich war Zuckerkandl (die Intimfeindin von Karl Kraus) sogar im Auftrag der Regierung als Geheimagentin unterwegs, um mitzuhelfen, Österreich durch die Wirren des ersten Weltkriegs zu steuern...
Auch Alma Mahlers Salon war eine Institution. Ebenso derjenige von Eugenie Schwarzwald. Schwarzwald war nicht nur Literatin, sondern außerdem eine bedeutende Pädagogin, die in ihrer Arbeit zum Teil heute noch fortschrittlich wirkt - und ihre Schule wiederum lag direkt oberhalb vom Café Herrenhof (wo sich die Schülerinnen und Schüler dann auch gerne in ihren freien Stunden aufhielten...).



Die Arbeit der "Salon-Damen" spielte sich oft hinter den Kulissen ab und stieß bei den tonangebenden Männern meist eher auf Unverständnis.
Andere Frauen traten zwar mit Beginn des 20. Jahrhunderts endlich auch in der Öffentlichkeit der Kaffeehäuser in Erscheinung - schon im Central, hauptsächlich dann aber im Herrenhof, wo ein sozial und erotisch revolutionäres Klima herrschte - aber dennoch blieben auch sie im Schatten.
Manche wurden literarisch verewigt - Lina Loos etwa von Arthur Schnitzler, Ea von Allesch von Robert Musil. Andre assoziierte man einfach mit den Männern, zu denen sie "gehörten" - wie im Falle von Milena Jesenska (erst Ernst Polak, dann Franz Kafka!), Veza Canetti (Elias Canetti!) oder wieder Lina Loos (Adolf Loos - mit dem sie aber nur ein Jahr verheiratet war!).
Die meisten von ihnen waren selber erstklassige Literatinnen oder Journalistinnen - deren Werke aber heute weitgehend vergessen sind...
Lina Loos zum Beispiel wurde damals literarisch auf eine Stufe mit Peter Altenberg gestellt! Das Textzitat, das am Anfang zu hören war, stammt übrigens von ihr - und charakterisiert recht gut den Spagat, dem Frauen damals in dieser Aufbruchzeit ausgesetzt waren.

Einerseits wurden in der Herrenhof-Zeit neue Rollenbilder ausprobiert - die freie Liebe wurde geradezu propagiert, als Gegenmodell zu bürgerlichen Besitzansprüchen - und andrerseits waren Frauen, die, wie Ea von Allesch, von sämtlichen Männern umlagert waren und keinem wirklich "ihr Herz schenkten", schnell als Femme fatale verschrieen...