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Badische Zeitung vom Dienstag, 9. Dezember 2003
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Der Kannibale suchte nach weiteren Opfern

Zweiter Prozesstag in Kassel

KASSEL (AFP/DPA). Tausende Fotos, darunter 1800 mit kannibalistischem Inhalt, ordnerweise ausgedruckter elektronischer Schriftverkehr mit mehr als 400 Kontaktpersonen ähnlicher Interessen, 304 Filmkassetten und CD-ROM - am zweiten Verhandlungstag gegen den "Kannibalen von Rothenburg" wurde gestern deutlich, mit welcher Intensität sich der angeklagte Computerexperte Armin Meiwes sexuellen und kannibalistischen Fantasien hingegeben hat. Immer wieder betonte Meiwes im Prozess, er habe nie etwas gegen den Willen anderer getan. Doch offensichtlich versuchte er auch weitere Personen, zu einer "freien Entscheidung" für das Getötet- und Gegessenwerden zu überreden.
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit sah das Gericht den Film, auf dem Meiwes seine grausigen Details festhielt. "Wenn man sich dieses Video anschaut und sich Stunden und Tage mit solchen E-Mails beschäftigen muss, dann hört selbst für einen erfahrenen Kriminalbeamten das Denken auf", sagte ein Kriminalbeamter. Der 42-jährige Angeklagte sammelte offenbar alles. Auf dem Computer bearbeitete er die Bilder, schnitt die Köpfe ab, ließ Blut fließen.
 
In Deutschland gibt es eine Kannibalismus-Szene
"Es ist eine umfangreiche Sammlung mit einer Bandbreite, die eigentlich jede Vorstellungskraft übersteigt", sagte eine Expertin des Hessischen Landeskriminalamtes (LKA) in Wiesbaden. Schon bei seinen Vernehmungen sprach Meiwes von einem Trieb. "Das war wie ein Karussell, das sich immer schneller dreht, eine Spirale, von der man nicht mehr runterkommt. Von daher war es schon wie ein Trieb", bestätigte er nun vor Gericht. Und der Trieb endete tödlich: Am 9. März 2001 kam ein Mann aus Berlin in den beschaulichen Rotenburger Ortsteil Wüstefeld. Der Angeklagte tötete den 43-Jährigen, zerstückelte ihn und aß ihn zu großen Teilen auf.
Fahnder des hessischen Kriminalamtes berichteten, dass sie bei ihren Ermittlungen eine Kannibalismus-Szene in Deutschland aufgedeckt hätten. "Dazu gehören Zahnärzte, Lehrer, Köche, Beamte und Handwerker", sagte der LKA-Ermittler Wilfried Fehl. "Das sind Leute aus der Mitte der Gesellschaft heraus, ganz normale Leute." Weitere Kannibalismus-Opfer aber habe die Polizei bei den Ermittlungen unter den etwa 400 E-Mail-Bekanntschaften von Meiwes nicht ausmachen können.

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