Tartuffe, ein
charismatischer Prediger, nistet sich in einer braven bürgerlichen
Familie ein. Aber leider ist der fromme Mann gar nicht so fromm, wie
man glauben mag...
Während Orgon,
der Hausherr, ihn anhimmelt wie einen Guru, nimmt es der schein-heilige
Geistliche selbst offenbar weder mit dem Armutsgebot noch mit dem
Zölibat sonderlich genau. Er will alles – Orgons Sohn,
Orgons Tochter, und vor allem Orgons Frau Elmire!
Zuletzt hat er es auch noch auf das Vermögen seines ihm
bedingungslos ergebenen Wohltäters abgesehn. Können die
vereinten weiblichen Kräfte von Elmire und der Hausangestellten Dorine wenigstens das Schlimmste verhindern?
Molières „Tartuffe“
ist eine der berühmtesten Komödien der Weltliteratur. Eine
beißende Satire auf religiösen Wahn und (nicht nur)
kirchliche Doppelmoral, sehr witzig und hoch erotisch – mit einer
der raffiniertesten erotischen Theaterszenen überhaupt als
Höhepunkt.
Heute, in Zeiten zunehmender kirchlicher Skandale, gehäufter
Mißbrauchsfälle durch Priester und immer stärker
werdenden Diskussionen über den Sinn des Zölibats, ist
Molières Sittenkomödie aktueller denn je. Dabei bezieht
sich „Tartuffe“ nicht auf die christlich-katholische Kirche
allein, sondern funktioniert auch ganz allgemein als Parabel über
jede Art von religiösem Dogmatismus.
Zu seiner Entstehungszeit war „Tartuffe“ jedenfalls ein
massiver Skandal, die katholische Kirche fühlte sich durch
Molières Satire über Bigotterie frontal angegriffen, das
Stück wurde sofort verboten, der Autor selbst mit Exkommunikation
und Scheiterhaufen bedroht. Erst fünf Jahre später durfte der
„Tartuffe“ wieder öffentlich aufgeführt werden,
allerdings nur in einer stark verharmlosten, zensierten Version.
Die Spielfassung von Christoph Prückner unternimmt, anhand der
wenigen überlieferten Anhaltspunkte, den Versuch einer
„Rekonstruktion“ der Originalfassung, um so viel wie
möglich vom zynischen Witz und der satirischen Radikalität
des „Ur-Tartuffe“ fürs Theater zurückzuerobern!